Ein Baufeld wird frei

von Stadtstreunerin | Eva

Wenn ich aus dem Schlafzimmerfenster schaue und den Hals dabei ordentlich verrenke, kann ich insgesamt sieben Kräne auf der Baustelle direkt neben meinem Wohnhaus zählen. Die Böschung ist weg, die Lagerhalle geschliffen, die Bauarbeiten für den „Bildungscampus Deutschordenstraße“ befinden sich im vollen Gange. Die Fundamente sind gelegt, sogar die ersten Wände der neuen Schule stehen schon.

Das war nicht immer so: Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat den Beginn der Bautätigkeiten um Monate verzögert. In den Monaten zwischen März und August 2020 war das Baufeld zwar bereits freigelegt, aber sich weitgehend selbst überlassen. Die Natur hat die brache Fläche binnen kürzester Zeit zurückerobert! Eine Rückschau auf eine durchaus idyllische Zeit zwischen Abbruch und Wiederaufbau in Bildern.

März 2020

Am 16. März 2020 kommt das Leben in Österreich durch den ersten Corona-Lockdown zum Stillstand, auch das Leben auf der Baustelle: Die Bagger, die sich auf dem Baufeld schon in Stellung gebracht haben, müssen pausieren – und das monatelang. Zu diesem Zeitpunkt ist die alte Lagerhalle auf dem Gelände schon Geschichte, die letzten Bäume stehen zwar noch, aber nicht mehr lang. Das Roden von hunderten Sträuchern und vielen Bäumen geht offenbar auch im Lockdown.

Ein Bagger erstarrt

Noch stehen die Bäume

Sehr stilles Stillleben

Ziegelmauern liegen brach

Juli 2020

Im Juli 2020 tut sich auf der Baustelle weiterhin nichts. Anders sieht es dagegen am Boden aus, wie vor allem von oben gut zu erkennen ist: Das Baufeld hat sich in eine Gstättn verwandelt! Das Leben blüht und gedeiht, bald muss wohl ein zweites Mal gerodet werden. Ein Spaziergang über das Baufeld im sanften Abendlicht weckt melancholische Gefühle. Nicht mehr lange und die Baustelle legt los – wie sich zeigt, wird das weder der zweite noch der dritte Lockdown verhindern können.

Das Baufeld von oben

Schafgarben (ohne Schafe in der Nähe)

Die Baggerschaufeln schunkeln fröhlich

Grün, so grün

Das Baufeld in voller Blüte

Ein Blick zurück

September 2020

Im September 2020 ist es schließlich soweit: Das Gelände wird geebnet, blaue Container stapeln sich vor meinem Schlafzimmerfenster und der Lärm ist im ganzen Viertel zu hören. Ziegel und Erdreich werden von LKWs in vielen Fuhren abtransportiert – und damit auch die Reste der blühenden Gstättn im Sommer, die Fläche ist braun geworden. Schließlich werden die ersten Kräne aufgebaut und Stangen in den Boden gebohrt. Die Baustelle nimmt ihren Lauf.

Von Grün zu Braun in wenigen Monaten

Schutt und Ziegel

Ein Loch tut sich auf

Damit beende ich vorläufig diese mittlerweile dreiteilige Dokumentation der Entwicklungen auf dem Areal neben meinem Wohnhaus. Sobald die Baustelle auch für Außenstehende wieder gefahrlos zu betreten ist, folgt möglicherweise aber noch ein vierter Teil.


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Das Stadtentwicklungsgebiet vor der Haustüre, Teil 1: „Meine Kindheit auf der Gstättn“ 

Das Stadtentwicklungsgebiet vor der Haustüre, Teil 2: „Von der Lagerhalle zur Pyramide“

Auf Twitter dokumentiere ich die Entwicklungen seit 6. Dezember 2019 in diesem Thread.

Der Journalist Erich Kocina und der Fotograf Daniel Novotny haben mich und meine Gstättn in der Presse porträtiert: „Das langsame Verschwinden der Wiener Gstättn“ (25. Mai 2020)

Informationen

Mehr Informationen zum Bildungscampus Deutschordenstraße findet ihr hier.

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