Von der Stadt in den Wald und wieder zurück – dieses Erlebnis bietet der Stadtwanderweg 4a. Er führt vom urbanen, lebendigen Stadtteil Ottakring beinahe schnurstracks in den Wienerwald. Ganz beseelt von meiner Mission, alle Stadtwanderwege in Wien abzugehen – wobei es ja immer mehr werden, sodass ich dieses Ziel in der derzeitigen Geschwindigkeit wohl nie erreichen werde -, mache ich mich an einem schwülen Septembernachmittag auf den Weg in den 16. Bezirk.
Wo ist hier der Weg?
Die erste Herausforderung beim Stadtwanderweg 4a ist es, den Weg zu finden. Bei der U3-Station Ottakring steht zwar ein hübsches, ganz neues Schild, das den Wanderweg beschreibt, aber den ersten Wegweiser suche ich vergeblich. Kein Wunder, denke ich etwas verbittert, wer würde auch vermuten, dass in der stickigen, lauten Thaliastraße ein Wanderweg beginnt? Ich bin hier vielmehr mittendrin in der Autostadt Wien.
Von der Stadt in den Vorort
Ich bin erleichtert, als die Autos langsam weniger werden. Dafür geht es jetzt bergauf! Ich passiere das Pensionist*innen-Wohnhaus Liebhartstal, eine schöne Villa, die mal ein Gasthaus war, und den langgestreckten Ottakringer Friedhof. Rechts der Straße bewundere ich die ersten Gärten mit ihren Sonnenblumen und Weinranken. Hier geht der dicht besiedelte Arbeiter*innenbezirk langsam in einen Vorort über, der von großzügigen Wohnhäusern, ausladenden Villen, Kastanienbäumen und hübsch gepflegten Blumenbeeten geprägt ist.
Den Sternen nach!
Als ich nach einiger Zeit um die Ecke biege, komme ich zum ersten Highlight der Tour: zur beeindruckenden Kuffner Sternwarte. Von hier aus lassen sich Sterne, Planeten und ganze Galaxien betrachten. Ich gebe mich auf meinem weiteren Weg mit der Sonne zufrieden, die mir auf dem steilen Weg etwas zu sehr ins Gesicht scheint.
Immer noch suche ich vergeblich nach Wegweisern und anderen Wanderer*innen, dafür begegnen mir auf der Johann-Staud-Straße umso mehr Autos. Ich bin erleichtert, als ich die Feuerwache Steinhof erreiche und in den Wald eintauchen kann. Endlich Ruhe und gute Luft!
Eine Warte über dem Wald
Hier treffe ich auf den Stadtwanderweg 4 – er verläuft kurze Zeit parallel zum Stadtwanderweg 4a. Ich wandere bis hinauf zur Jubiläumswarte, wo ich den Stempel für meinen Wanderpass hole. Zum Glück gilt der Stempel auch dann, wenn man die Warte nicht erklimmt! Die Jubiläumswarte ist mit ihren 31 Metern Höhe und den 183 Stufen nämlich meine dezidierte Angstgegnerin, was Wienerwaldwarten angeht. Die Luft ist aber an diesem Tag ohnehin viel zu dampfig, um in die Ferne zu blicken.
Beton? Bunker!
Der weitere Weg über die Wiese neben der Jubiläumswarte ist flankiert von zwei Betongebilden, die so gar nicht in die Landschaft passen. Vor einigen Jahren habe ich recherchiert, dass es sich dabei um sogenannte „Ein-Mann-Beobachtungsbunker“ aus dem Zweiten Weltkrieg handelt. Die Wiener Gauleitung hat sich unterhalb der Warte – die damals selbstverständlich „Adolf-Hitler-Warte“ hieß – einen Regierungsbunker für Notfälle gebaut. Heute ist alles verschüttet und nicht mehr zugänglich, nur die Beobachtungsbunker rund um die Warte (insgesamt drei an der Zahl) erinnern noch daran. Allerdings auch nur dann, wenn man um ihre ehemalige Funktion weiß – ein Schild zur historischen Einordnung suche ich vergeblich. (Dafür finde ich hier jede Menge Wegweiser!)
Von Kreuzeichen und Eselstiegen
Den weiteren Weg zur Kreuzeichenwiese kenne ich seit meiner Kindheit, dieser Teil des Wienerwaldes war in meiner Familie ein beliebtes Ausflugsziel. Neu ist mir dagegen der Abschnitt, der mich hinunter in den 17. Bezirk bringt. Hier wachsen Buchen mit dicken Stämmen, am Waldboden brechen Pilze hervor und das Gebell der Hunde auf der Kreuzeichenwiese wird mit jedem Schritt leiser.
Ich bin gerade dabei, mich mit dem Stadtwanderweg 4a anzufreunden – allzu leicht hat er es mir mit dem langen Straßenweg bisher nicht gemacht -, als ich auf die Eselstiege treffe. Schon wieder geht es bergauf! Ich zähle etwa 160 Stufen, bevor ich durcheinander komme und nicht mehr weiß, bei welcher Zahl ich gerade war. Egal, die Stiegenanlage ist jedenfalls sehr lang und kostet mich einiges an Kraft. Wie gerne würde ich in einem der großen Gärten links und rechts in einen Liegestuhl sinken!
Schließlich komme ich am Schloss Wilhelminenberg vorbei und schlendere durch die Weingärten weiter – hier geht es endlich wieder bergab. Langsam wird es dämmrig, die langen Wolkenstreifen am Horizont werden zuerst rosa, dann lila. Der letzte Abschnitt führt mich wieder durch Straßen und Gassen, bis ich im Herzen Ottakrings lande. Die Wiener Vorstadt, wie sie einmal war – hier ist sie noch lebendig und versöhnt mich ein wenig mit den Strapazen der Wanderung.
Wanderfazit
Weg: Ottakring (U3-Station) – Thaliastraße – Gallitzinstraße – Funkengerngasse – Rolandweg – Johann-Staud-Straße – Pelzer Rennweg – Andergasse – Eselstiege – Savoyenstraße – Sprengersteig – Paulinensteig – Wilhelminenstraße – Kollburggasse – Erdbrustgasse – Ottakringer Straße – Weinheimergasse – Ottakring (U3-Station)
Strecke: 10 Kilometer
Zeit: Drei Stunden bei gemütlichem Tempo
Urteil: Der urbane Teil des Weges hat zwar durchaus Sehenswürdigkeiten zu bieten (Kuffner Sternwarte, Alt Ottakring), man geht aber ausschließlich auf (teils stark befahrenen) Straßen. Die Wegweiser, die in der Stadt fehlen, sind umso öfter im Wald anzutreffen. Der Weg ist nicht barrierefrei – bei der Eselstiege sind mehr als hundert Stiegen zu bezwingen! Ein unkonventioneller Tipp: Wer einen Teil des Wanderwegs mit dem Bus zurücklegt, hat mehr davon.
Zum Weiterlesen
Hier findest du Berichte von den Stadtwanderwegen, die ich schon gegangen bin:
Stadtwanderweg 2 – Hermannskogel (2021)
Stadtwanderweg 4 – Jubiläumswarte (2017)
Stadtwanderweg 5 – Bisamberg (2021)
Stadtwanderweg 7 – Laaer Berg (2017)
Stadtwanderweg 8 – Sophienalpe (2021)
Stadtwanderweg 9 – Prater (2017)
Auch den Wanderweg rund um Wien bin ich schon gegangen:
Rundumadum – Rund um Wien (2020)
1 Kommentare
Auf dem Weg habe ich mich auch ein paarmal verlaufen und bin dann eher nach Gefühl weitergewandert. Die Wegweiser sind echt ein bisschen ungleich verteilt.
Aber wenn man es mal kennt, fährt man wahrscheinlich eh mit dem Bus zur Feuerwache und geht erst oben los. 😉 Die Steinhofgründe sind mein absoluter Lieblingsort in Wien!