Ein makabrer Spaziergang im Winterwunderland

von Stadtstreunerin | Eva

Ein Tag voller Schneefall reicht, damit Wien im Winterwunderland versinkt. Zeit, sich ein paar Stunden für einen ausgedehnten Spaziergang zu nehmen! 

Unbeabsichtigt ging es recht makaber los: Über den Baumgartner Friedhof zog ich Spuren im Tiefschnee, begleitet nur vom Gekrächze hunderter Saatkrähen. Auf der Suche nach einem bestimmten Grab bemerkte ich, wie viele Menschen mit Nachnamen slawischer Herkunft hier in der Vorstadt bestattet sind: Kutschera liegt neben Sedlacek, Swoboda neben Polatschek, Tichy neben Cerveny. Allerhand Erinnerungsstücke, Plastikblumen, Kränze und Kerzen lagen auf den Gräbern – alles bedeckt von einer dicken Schneeschicht.

Saatkrähe am Grab

Schneebedeckte Ruhe

Vom Ausgang des Baumgartner Friedhofs ist es nicht weit zum Areal des Otto-Wagner-Spitals. Dort ging es ebenso makaber und tragisch weiter: Ich passierte die Gedenkstätte für die Opfer der NS-Medizin. Hier, am sogenannten Spiegelgrund, wurden kranke, behinderte und „nicht erziehbare“ Kinder während des nationalsozialistischen Regimes medizinischen Versuchen ausgesetzt und gequält. Die Lichtsäulen der Gedenkstätte symbolisieren die ausgelöschten Leben der Kinder, die im Zuge des nationalsozialistischen Euthanasieprogramms grausam ermordet wurden. Direkt hinter der Gedenkstätte befindet sich das Jugendstiltheater, das leider seit Jahren hinter einer Baustelle versteckt ist.

Gedenkstätte und Jugendstiltheater

Weiter ging es zur wunderschönen Steinhofkirche mit ihrer vergoldeten Kuppel, die dem Hügel den Spitznamen „Lemoniberg“ gegeben hat. Die anschließenden Steinhofgründe wurden von zahlreichen Kindern zum Rodeln genutzt, sogar ein Langläufer war zu sehen. Nur die sonst häufig anzutreffenden Rehe ließen sich nicht blicken.

Das Leuchten der Steinhofkirche

Blick von den Steinhofgründen zum Satzberg

Ein Abstecher zum Silbersee musste auch sein, um meiner Faszination für das Eis nachzugehen. Es lag aber ebenfalls unter einer dicken Schneeschicht versteckt. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals auf dem Silbersee gestanden wäre, und musste das sofort nachholen! Erstmals konnte ich auch die Schätze des ansonsten unzugänglichen Ufers entdecken: morsche Bäume mit Spechthöhlen und Baumschwämmen, dazwischen Schilf. 

Das Eis des Silbersees

Im Rosental

Zurück ging es durch das Rosental und den Dehnepark. Auch der dortige Teich war großteils zugefroren und ein paar Buben wagten sich auf das Eis – laut kichernd im Wissen um ihre eigene Waghalsigkeit. Aber das Eis hielt ihnen leicht stand. 

Bach im Dehnepark

Seltsames Baumwesen

Vom Dehnepark ging es dann ohne weitere Vorkommnisse zurück zum Bahnhof Hütteldorf – so nahm mein makabrer Spaziergang durch das Winterwunderland doch noch ein gutes Ende!

Winterhaus im Dehnepark

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