Das Leben hat mich über Pfingsten nach Salzburg gebracht – genauer gesagt zu einem Besuch im Salzburger Landeskrankenhaus. Abgesehen von den traurigen Stunden am Krankenbett war mein Ausflug in den Westen aber überhaupt nicht verplant. Und Zeit für ein bisschen Stadtstreunen ist eigentlich immer, also…
In der Stille der Nacht
Also spazierte ich am Abend durch die ruhigen Gassen der Altstadt, als ich plötzlich einen Beat verspürte. Vom Domplatz aus belebte er die schlafende Stadt. In einem Festzelt tanzten hunderte Jugendliche inmitten bunter Lichtstrahlen, flankiert von Pfarrern und bewacht von steinernen Bischöfen. Der Anblick erinnerte mich an meine eigene Jugendzeit, die noch gar nicht so lange her ist und doch unendlich weit weg scheint. Schnell zog ich weiter.
Ein paar hundert Meter weiter fand in der Bürgerspitalkirche eine Veranstaltung namens „24/7 Prayer“ statt. Als ich mich auf eine der engen Bänke drückte, gesellten sich eine Nonne und ein Mönch in meinem Alter zu der stillen Andacht dazu. Ich betrachtete die rosa Lichter im Altarraum und die gusseisernen Luster und dachte mir: Kann die Zeit bitte stehen bleiben?
Ein bisschen beseelt vom Pfingstgeist kehrte ich am Heimweg noch in Marios Bar ein. Zu Bob Dylans „The times, they are a-changin'“ fragte ich, welche Weinsorten es denn gebe. „Nur eine, aber die mit Liebe“, antwortete der Kellner. Ich setzte mich mit einem Glas davon in einen Winkel und beobachtete das Salzburger Nachtleben. Nach einiger Zeit fragte mich der Kellner, ob eh alles in Ordnung sei. „Ja, ja“, sagte ich. Nur die Zeiten, die sich ändern, halt…
Alles im Stein und durch den Stein
Am nächsten Tag versuchte ich, mich so viel wie möglich mit Dingen zu beschäftigen, die sich nicht ganz so schnell verändern. Und da hat Salzburg vor allem eines zu bieten: Stein!
Auf meinem Weg entdeckte ich direkt unterhalb der steilen Felswände des Festungsbergs den Petersfriedhof. Vor vielen hundert Jahren haben hier die ersten Christ*innen der Stadt dem Stein kleine Kapellen abgetrotzt, in denen sie heimlich ihre Messen feierten. Und ein weiteres Kleinod verbirgt sich im kühlen Schatten der Felsen: einer der seltenen barocken Totentänze. Memento mori – so hieß es damals und so heißt es heute noch…
Nur allzu gerne ließ ich mich danach von den spektakulären Aussichten am Mönchsberg ablenken. Mit seinen schroffen Kanten drängt er sich geradezu in das barocke Ensemble der Altstadt hinein. Oder ist es die Altstadt, die sich bis in die Felswände hinein an ihn herandrückt? Über den steilen Wänden standen jedenfalls die Wiesen und Wälder gerade in voller Blüte. Und sogar in den Felsen selbst verschafften sich die Pflanzen ihren Platz. Der Stein gibt Halt!
Im Labyrinth des Lebens
Später, am Krankenhausgelände, fand ich gleich unterhalb der Abhänge des Mönchsbergs ein steinernes Labyrinth. Symbolisch zwischen Geburten- und Palliativstation gelegen, verdeutlichen seine Windungen und Kehren unseren Lebensweg und führen zu einer Rose aus Steinplatten.
Folgt man dem steinernen Pfad, findet man sicher wieder aus dem Labyrinth heraus und ist um eine Erkenntnis reicher: Nicht einmal am Stein geht die Zeit spurlos vorbei… Erst recht nicht an uns!